Gehen Sie konstruktiv mit Kritik um

Niemand wird gerne kritisiert. Kritik sollte Sie jedoch nicht aus der Bahn werfen. Betrachten Sie Kritik nicht als Abwertung der eigenen Persönlichkeit. Nehmen Sie Kritik vielmehr als Chance wahr, etwas über sich selber zu lernen und Ihre fachlichen oder kommunikativen Fähigkeiten zu erweitern. 

Hier ein Beispiel aus einem aktuellen Führungs-Coaching: Der Chef sagt: „Ich habe den Eindruck, Sie stossen mit diesem Projekt an Ihre Grenzen.“

Doch wie geht man mit kritischen Aussagen konstruktiv um? 

Bleiben Sie in dieser Situation gelassen und versuchen Sie, ruhig zu antworten, d.h. die Stimme sollte nicht zittern und bleiben Sie in Ihrer gewohnten Tonlage. Wenn Sie die Gefühle zu überkommen drohen, sagen Sie zu Ihren Emotionen gedanklich STOPP – Wut oder Tränen helfen nicht und werden Ihnen häufig als Schwäche ausgelegt. Lenken Sie dann Ihre Gedanken von sich weg auf Ihr Gegenüber und denken Sie stattdessen: „Diese Sichtweise ist interessant. Wie meint er das nur?“ 

Fragen Sie nach, um zu verstehen 

Antworten Sie, indem Sie nachfragen: „Das verstehe ich nicht, was meinen Sie genau damit?“ Bleiben Sie dabei aufrecht stehen oder sitzen und halten Sie Blickkontakt. Indem Sie nicht in sich zusammenfallen, zeigen Sie Stärke und signalisieren Offenheit. Schalten Sie gedanklich jetzt nicht auf „Durchzug“. Versuchen Sie stattdessen genau zuzuhören, was Ihr Gegenüber Ihnen zu sagen versucht. Falls möglich, machen Sie sich ein paar Notizen

Wenn Ihnen die Kritik unpräzise erscheint, fragen Sie weiter nach, bis Sie sie verstehen: 

  • „Was genau ist Ihr Kritikpunkt?“,
  • „Welche Überlegungen haben zu dieser Aussage geführt?“
  • „Gibt es einen Anlass, der Sie so über meine Leistung denken lässt?“
  • „Haben Sie eine andere Aufgabe, die ich übernehmen kann?“

Vermeiden Sie Rechtfertigungen

Auf keinen Fall sollten Sie sich rechtfertigen, d.h. Aussagen wie folgt vermeiden: „Ich habe gestern wieder Überstunden gemacht und arbeite mehr als viele in diesem Team.“ Solche Aussagen bringen Sie nicht weiter. Sie übernehmen die Rolle des Schwächeren. Gleichzeitig besteht die Gefahr, sich in der Rechtfertigung zu verstricken.

Vermeiden Sie Retourkutschen. Ich meine hiermit Aussagen, in denen Sie das Problem auf die Rahmenbedingungen, jemand anderen oder gar den Chef abwälzen. Ein Beispiel wäre in diesem Fall: „Ihre Anweisungen, wie Sie den Projektreport haben wollen, waren ja auch nicht klar.“ Auch wenn Sie im Recht sein sollten, dreht Ihr Chef spätestens jetzt im „dunkelroten Bereich“.

Bieten Sie Lösungen an

Viel souveräner ist es, wenn Sie überlegen, was Sie tun können, um das Thema aus der Welt zu schaffen. Hierzu müssen Sie jedoch klar denken können. Schlagen Sie dieses Vorgehen Ihrem Chef vor: Treffen Sie eine Vereinbarung, wie Sie in Zukunft mit einer ähnlichen Situation umgehen wollen. Sie können auch um regelmässiges Feedback bitten. Ist der Zeitpunkt für ein Gespräch ungünstig, sagen Sie Ihrem Chef, dass Sie etwas Bedenkzeit brauchen, um auf seine Ausführungen einzugehen. Vereinbaren Sie einen Gesprächstermin zu einem realistischen Zeitpunkt – am besten am Folgetag. Schieben Sie das Gespräch nicht raus. Die Gemüter sollten sich beruhigen können, und Sie können sich bis dahin Gedanken zu möglichen Lösungsvorschlägen machen.

Antworten Sie mit „Ja-jedoch“ statt mit „Ja-aber“

Auch wenn die Kritikpunkte aus Ihrer Sicht trotz Nachfragen nicht nachvollziehbar sind, hat die Sichtweise Ihres Vorgesetzten trotzdem Berechtigung – genau wie Ihre Sichtweise. Mit der „ja-jedoch-Technik“ zeigen Sie Ihrem Vorgesetzten, dass sie ihn respektieren und versuchen zu verstehen. Verstehen heisst jedoch nicht, mit dem Gesagten einverstanden zu sein. 

Hierbei geht man folgendermassen vor: Sie bestätigen seine Sicht mit einem „Ja“ und bauen dann mit dem Wort „jedoch“ eine Brücke zu Ihrer Sichtweise der Situation oder des Sachverhalts. Anschliessend erläutern Sie Ihren Standpunkt. Hier ein paar Beispiele:

  • „Ja, ich respektiere, dass Sie die Situation so wahrnehmen. Jedoch würde ich Ihnen nun gerne meine Sichtweise erläutern. Ich bin überzeugt, dann finden wir sicherlich die Ursache...“
  • „Ja, Sie haben sicherlich Ihre Gründe, die Situation so zu sehen. Jedoch Ihr Einwand ist nicht ganz gerechtfertigt. Dafür sprechen folgende Punkte...“

Vermeiden Sie statt dem Wort „jedoch“ das Wortaber“. Das Wort „aber“ klingt deutlich härter! Die Aussagen vor dem „aber“ werden verneint. Schlimmer noch, Ihr Gegenüber kann das Gefühl bekommen, Sie nehmen ihn nicht ernst oder versuchen das, was er sagt, ad absurdum zu führen. Es ist als würde ein Auto mit überhöhter Geschwindigkeit auf eine Kreuzung zufahren und die dortige Ampel plötzlich auf Rot umschalten. Es kann nur noch knallen.