Wie Sage ich «Nein»?

IM ALLTAG GIBT ES IMMER WIEDER MENSCHEN, DIE UNS EIN «JA» ABRINGEN, OBWOHL WIR EIGENTLICH «NEIN» SAGEN WOLLTEN.

Der Verkäufer, der uns ein teures paar Schuhe «aufschwatzt»; die Schwiegereltern, die sich zum Mittagessen am Wochenende einladen; der Kollege, der Ihnen immer wieder Arbeit abschiebt oder der Chef, der einen bittet, die Präsentation noch bis am Abend fertigzustellen, obwohl man bereits verabredet ist. Im privaten  und beruflichen Alltag gibt es vielen Situationen, in denen ein «Nein» angebrachter wäre.

 

Bei vielen Menschen regt sich in solchen Situationen die Intuition. Ihr Bauchgefühl kündigt Ihnen an, da läuft etwas verkehrt. Bevor Sie dem jedoch wirklich nachgehen konnten, ist Ihr Gegenüber sein Problem losgeworden und die Sache ist bereits entschieden. Achten Sie in Zukunft besser darauf, was Ihnen Ihr Körper signalisiert! Sobald wir diese Signale besser deuten, können wir sie aktiv nutzen, um uns besser abzugrenzen.

Es ist also wichtig, typische Situationen zu erkennen, in denen ein «Nein» schwer fällt. Lassen Sie mich Ihnen ein paar typische Situationen vorstellen. Erkennen Sie diese im Alltag wieder, wird es leichter, mit Ihnen umzugehen:

1. Überrumpelungstaktik

Beispiel: Ein Kollege schaut ins Büro und bittet Sie schnell darum, die Erstellung der Offerte zu übernehmen, da er zu einem dringenden Meeting mit dem Vorgesetzen muss. Sie nicken und er ist schon wieder weg.

2. Die Harmonie nicht gefährden

Beispiel: Sie stimmten einer Weiterbildung für einen Mitarbeiter zu, obwohl Sie wissen, dass sie für die Arbeit nicht wirklich notwendig ist – nur um den Frieden im Team zu wahren.

3. Selbstbild einer engagierten Führungskraft

Beispiel: Sie sind eine engagierte Führungskraft. Heute stehen viele entscheidende Meetings an. Sie haben eben einen Anruf erhalten, dass ihr Sohn krank ist. Kurz darauf kommt einer Ihrer Mitarbeiter zu Ihnen ins Büro und  möchte mit Ihnen etwas besprechen. Sie winken den Mitarbeiter herein, obwohl Sie dafür eigentlich keine Nerven haben.

4. Perfektionismus-Falle

Beispiel: Sie investieren zu viel Zeit in eine Präsentation – sie soll einfach perfekt werden, auch ohne Unterstützung anderer. Dabei bleibt weitere Arbeit liegen. Hier wäre ein «Nein» zu den eigenen inneren Antreibern angesagt.

5. Rollenkonflikte

Beispiel: Eine Mitarbeiterin fragt Sie als Vorgesetzte oder Vorgesetzten nach Ferien. Sie sind hin- und hergerissen. Sie wissen, dass zur gewünschten Zeit Hochbetrieb herrscht. Gleichzeitig haben Sie in der Rolle als Mutter oder Vater Verständnis für die schwierige Familiensituation Ihrer Mitarbeiterin.

6. Fehleinschätzungen anderer

Beispiel: Sie kommen nach dem Mutterschafts- oder Vaterschaftsurlaub zurück ins Team. Ein Projekt, das bisher Ihr Spezialgebiet war, wird einer Kollegin gegeben mit der Begründung, dass Sie das jetzt nicht mehr bewältigen. Sie sind so perplex, dass sie nichts erwidern.

In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, sich etwas Zeit zu nehmen, um entscheiden zu können, wie man zu der Situation steht. Überlegen Sie dabei kurz: Haben Sie sämtliche Informationen? Haben Sie genug Ressourcen (z.B. Zeit)? Wollen Sie das? Und in diesem Zusammenhang: Was bringt es Ihnen?

Wenn Ihre Antwort in Richtung «Nein» tendiert, überprüfen Sie auch, warum Sie «Nein» sagen wollen. Das «Nein» sollte für Sie selbst und Ihren Freiraum stehen und nicht gegen andere gerichtet sein, z.B. weil Sie jemandem eins auswischen wollen.

Seien Sie darauf vorbereitet, dass ein «Nein» Widerstand auslösen kann. Wenn Sie bisher geschwiegen oder immer «Ja» gesagt haben und es versäumt haben, Grenzen zu setzen, ist es wahrscheinlich, dass sich die Menschen in Ihrem Umfeld über Ihre Verhaltensänderung wundern oder gar ärgern und Sie das zu spüren bekommen. Bereiten Sie sich innerlich darauf vor.

Wenn Sie dann «Nein» sagen, seien Sie klar und deutlich. Hierbei hilft eine einfache Kommunikationsregel:
1. Sagen Sie klar, was Sie nicht wollen. 2. Bringen Sie, falls nötig, zwei bis drei Argumente. 3. Und dann wiederholen Sie, was Sie gesagt haben.

Beispiel: Herr X., ich  kann die Präsentation heute nicht mehr fertig stellen. Ich habe bereits zwei dringende Projekte, die abgeschlossen werden müssen. Um 18 Uhr habe ich einen Termin, den ich nicht verschieben kann. Wie gesagt, ich kann die Präsentation heute nicht mehr fertig stellen.